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Es ist Montag, der 19. und es ist der erste Schultag meines Sohnes Malcom in den USA. Er wurde einer exzellente Schule zugeteilt, das ist ein Fortschritt in unserem Leben hier, aber auf eine Art gibt es auch eine Verbindung zu dem Leben, das wir zurückgelassen haben. Niemand hat uns nach unserer politischen Herkunft gefragt und es gab nicht einen Direktor, der von uns den Lebenslauf unserer sozialen Integration verlangt hat. Das ist ein Unterschied, für den wir unser ganzes leben dankbar sein werden.

Was mich besonders freut an dieser Schule, an der er nun 90 Meilen von seinem früheren Zuhause entfernt lernt, ist, dass er nicht die Hand heben und sich den Daumen an die Stirn halten muss, um zu sagen, dass er so sein will wie sonstwer. In Kuba müssen alle Schüler voller Inbrunst auf Kommando wiederholen: „Pioniere für den Kommunismus! Wir werden so sein wie der Che!“ Hier wollen sie, dass er so ist, wie er ist, was sie von ihm sehen wollen, ist, dass er zeigt, wo seine Talente stecken und seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten. Heute Vormittag hat er mit etwa 20 Kindern aus drei Kontinenten per Handschlag Freundschaft geschlossen und er hat Bilder gemalt, die er mit einer ungewöhnlichen Begeisterung nach Hause gebracht hat. Es war ein neuer Tag für ihn, ohne dass es nötog gewesen wäre, ihm die Leviten zu lesen, von gefallenen Helden zu sprechen und auch nicht von ihm zu verlangen, dass er dankbar für etwas sein soll, das er gar nicht will.

Ein dreifarbiger Fußball rollte auf das Feld und mein Sohn näherte sich ihm wie jemand, der die Welt sucht, voller Kraft, voller Vernunft und mit dem Wunsch, der Mensch zu sein, dem die Träume vor einigen Jahren unterbrochen wurden, aber der jetzt ein Schüler sein will, um die befreite Hand zu reichen und nicht mehr schreien, treten und Parolen wiederholen zu müssen.

Heute gehe ich mit meiner Familie ins Exil in die USA. Nach mehreren Jahren des Mangels, voller Erniedrigungen, willkürlicher Verhaftungen und Belästigungen durch die Polizei, die sich auch gegen die richtete, die mit mir wohnen, gehe ich. Ich weiß, dass dieses Weggehen ein Unglück sein kann, von dem sich nur wenige wieder erholen, aber ich sehe im Moment keine andere Lösung für die Probleme meiner zwei Kinder und für das Leiden meiner geliebten Frau Exilda.

Bevor ich gehe, möchte ich denjenigen danken, die von verschiedenen Teilen der Welt aus meinen Werdegang verfolgt haben. Meinen Lesern, die meine Posts kommentiert haben. -Danke!- Ohne diese Nachrichten, die mir Mut machten, hätte ich es nicht geschafft, weiter zu machen.

Ich hatte kaum oder keine Verbindung ins Internet, die Kommentare zu meinen Publikationen haben mich oft erst Monate später erreicht, wenn sich jemand die Mühe gemacht hatte, sie auf einen USB-Stick zu kopieren. Dann jedoch las ich sie wie Botschaften, wie echte Briefe an mich und das machte mich zu einem Privilegierten, der sehr gemocht wird und dem oft geschrieben wird.

Schlicht und einfach, Danke, von dieser Seite der transparenten Grenze. Für dieses Mal keine Worte mehr. Ich möchte nur, dass ihr das Kuba seht, das ich heute verlasse.

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Sie verhafteten mich am Samstag, den 24. März um 8:00 Uhr morgens. Ich war losgegangen, um Brot für meine Kinder zu holen, und weil ich mich dem Befehl, nicht das Haus zu verlassen, widersetzt hatte, erschien ein Jeep mit Offiziellen des G-2 (Geheimdienst), um meine Verhaftung zu vollziehen.

Ich kriege einen Prozess wegen Störung der öffentlichen Ordnung, sie sagen, dieses Delikt habe ich begangen, indem ich mein Haus verließ. Aus Protest verweigerte ich Essen und Trinken, bis ich am Dienstag aufwachte und aus dem Hals blutete. Ich entschied, von diesem Moment an bis zu meiner Freilassung drei Mal am Tag Wasser zu trinken. Ich schlief auf dem Boden der Polizeistation in San Germán und deshalb konnte ich mich weder waschen noch meine Notdurft verrichten.

Meiner Frau Exilda Arjona und mir wurde es also unmöglich gemacht, nach Santiago de Cuba zu pilgern. Unser Haus wurde umstellt von etwa zwanzig Beamten und ihr wurde mit sofortiger Verhaftung gedroht, sollte sie das Haus verlassen.

Über den Besuch des Papstes und die Reden beider Seiten werde ich in einigen Tagen schreiben, das heißt, wenn sie im kubanischen Fernsehen wiederholt werden und ich sie hören kann. Heute habe ich nur noch Kraft, um an die Hunderte Katholiken und Gläubige zu denken, die von der Polizei verhaftet wurden und die keine Segnung des Papstes erhalten konnten.

Ich sinne auch darüber nach, was der Familie von Delmides Fidalgo in Buenaventura, Holguín, widerfahren ist. Ein wütender Mob unter Ermunterung der Polizei schlug seine Töchter, zerstörte Dinge in seinem Haus und sie nahmen ihn fest, ihn, einen Mann, der seinen christlichen Glauben nicht in der katholischen Kirche ausübt und der aus persönlichen Gründen auf dem Weg nach Havanna war und nicht wegen des Papstes

Noch heute wird in Sendern außerhalb Kubas, die ich hier empfangen kann, von Personen berichtet, die von dem Paramilitär-Polizei-Apparat verletzt und bedroht wurden, der den Genozid von morgen vorbereitet. Hoffentlich hören die Bevölkerung und die katholische Kirche bis zu diesem Tag dann endlich auf zu schweigen.

Foto: Luis Felipe Rojas

Die Mutter wartet in der Lobby des Krankenhauses. Draußen ist es sehr kalt, ziemlich ungewöhnlich für die hohen Temperaturen, die sonst im kubanischen Osten herrschen. Der Junge ist grade zweiundzwanzig Jahre alt, er hatte versucht, seine Freunde bei einer Straßenprügelei zu trennen, als die Polizei kam und Schläge und Tritte in alle Richtungen verteilte. Er erhielt den schlimmsten Anteil. Einer seiner Freunde hatte mich geholt, weil sie ihn überzeugen konnten, mir alle Einzelheiten zu erzählen.

Die Mutter verschloss sich jeglichem Dialog, um ihn zu schützen. Es half nichts, dass ich ihr etwas von ihren Rechten erzählte. Meine Argumente, dass sie doch wenigstens bei irgendeiner Instanz Anzeige erstatten solle, bewirkten auch nichts. Sie würde jetzt nach Hause gehen, „in diesem Land funktioniert sowieso nichts, und du verschwinde von hier, belästige mich nicht noch einmal“, sagte sie.

Vor nicht einmal drei Tagen wurde ich auf öffentlicher Straße von einem Beamten des staatlichen Sicherheitsdienstes angesprochen. Er wollte, dass ich zu Hause bleibe, damit er nicht stundenlang hinter mir hergehen müsse. Als ich ihm mit meinen Bürgerrechten antwortete, zückte er seinen Ausweis mit den drei blauen Buchstaben (DSE – Departamento de la Seguridad del Estado), und es war klar, dasss er damit nicht mir, sondern den Passanten drohen wollte. Trotz unserer hitzigen Diskussion und seiner Prahlerei, er würde eine Polizeistreife rufen, antwortete uns niemand, kein Mensch zeigte sich beunruhigt. Als ich sehr laut sagte, dass die Straßen dem Volk gehören und nicht den Revolutionären, blieb es einsam um uns herum. Es stimmt, dass dies kein „acto de repudio“, eine Einschüchterungsaktion, war, aber die Menschen sind so in sich und ihre Einkäufe vertieft und haben wohl keine Zeit für solche Keinigkeiten, oder?

Institutionen wie die Militär-Statsanwaltschaft, die Gerichte in den drei Instanzen (Gemeinde, Provinz und auf nationaler Ebene) und die Bürger-Behörden weichen ein ums andere Mal den Beschwerden über die Beamten aus und nur in einzelnen Fällen – nach sehr offenkundigen Rechtsverletzungen – wird der Sicherheitsdienst aktiv. Diese veralteten Behörden haben ihren Teil dazu beigetragen, dass die gewöhnlichen Menschen sich selbst zensieren. Weil niemand über ihre Rechte wacht, weil sie allem misstrauen, verfallen sie in eine allgemeine Apathie und begeben sich so direkt in die Hände ihrer Henker. Nur wenn sie das düstere Gesicht des Nachrichtensprechers im Fernsehen sehen, der als weitere Gaunerei von der einen oder anderen Amtsenthebung berichtet, beginnen die Leute zu sehen, dass die kubanischen Institutionen auch dazu da sind, über einige Dinge zu wachen, für die Interessen einiger Bürger zu sorgen und dafür, dass ein paar Rechte respektiert werden.

Übersetzung der Texte in der obigen Collage, auf der die Häuser einiger Dissidenten zu sehen sind, die Opfer des staatlichen Terrorismus geworden sind.

Reihe 1

Terroristische Farbangriffe auf Häuser friedlicher Dissidenten. Für gewöhnlich geschieht es in der Nacht, wenn alle schlafen, aber auch mitten während der heimtückischen Hetzveranstaltungen. Diese Hetzveranstaltungen werden vom staatlichen Sicherheitsdienst organisiert und von einem paramilitärischen Mob, auch als „Brigade der schnellen Antwort“ bekannt, unter seinem Schutz ausgeführt. Die Fotos unten zeigen das Haus von Agustín Cervantes in Contramaestre, Santiago de Cuba.

Reihe 2

Die drei folgenden Fotos zeigen das Haus von Raudel Ávila Losada in Palma Soriano, Santiago de Cuba.

Reihe 3, rechts

Auf den Fotos links ist der terroristische Farbangriff auf Sara Martah Fonseca Quevedo in dem Viertel Rìo Verde von Havanna zu sehen.

Reihe 4, links

Die blaue Farbe am Haus des unabhängigen Journalisten Luis Felipe Rojas in San Germán, Holguín, ist anders als der Teer, der üblicherweise für solche Übergriffe benutzt wird. Eine solche Kennzeichnung ist die Rückkehr zu den faschistoiden Methoden des Dritten Reichs, als so die Häuser von Juden markiert wurden.